Aktienmärkte: 15 Prozent Rückgang und dann Einstiegspreise? Analysteneinschätzungen zur Marktkorrektur der letzten Wochen

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In dieser neuen Woche scheint sich der Staub ein wenig gelegt zu haben, nachdem die Märkte die vorherrschenden Zinssorgen und die Spannungen um die Ukraine in einer heftigen Abwärtsbewegung allmählich verdaut haben. Angesichts der weiteren Unklarheit über den angestrebten langfristigen Kurs der US-Notenbank Federal Reserve rätseln die Marktexperten jedoch weiterhin, ob die Kursrückgänge der letzten Wochen lediglich eine herbe Korrektur mit unmittelbarem Erholungspotenzial sind oder die Märkte in einen ausgewachsenen Bärenmarkt schlittern.

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Laut dem Marktanalysten Tom Lee vom Analysehaus Fundstrat blicken wir derzeit auf eine Marktsitutation, die eine aggressive Erholungsbewegung im Februar hervorbringen könnte. „Im Februar deutet vieles auf ein „V“ nicht für „Valentinstag“, sondern für eine aggressive V-förmige Erholung an den Märkten hin“, wie der Analyst gegenüber dem Nachrichtendienst CNBC verlauten ließ. „Wenn institutionelle Anleger vorsichtig sind, Privatanleger im Grunde in einem Bärenmarkt eingepreist haben und die Stimmung die schlechteste seit acht Jahren ist, könnte es zu einer riesigen Rally kommen“, sagte Lee. „Erholungen von schnellen Ausverkäufen sind typischerweise symmetrisch, was bedeutet, dass man mit einer heftigen Rallye rechnen sollte.“

In der letzten Woche hat der marktbreite S&P 500 Index zwischenzeitlich ein monatliches Minus von 10 Prozent erreicht, was ihn offiziell in den Bereich einer Marktkorrektur gebracht hat, allerdings konnte der Index mittlerweile schnell wieder aufholen und steht auf Monatssicht derzeit noch auf Verlusten von gut 5 Prozent. Der Dow Jones konnte sich ohnehin robuster schlagen und steht nach dem freundlichen Wochenstart am Montag nun auf Monatssicht noch mit einem Minus von 3,3 Prozent da. Die Verluste im Tech-Sektor haben sich zwar auch wieder eingegrenzt, zeigen jedoch mit einem Minus von 8,5 Prozent auf Monatssicht im Nasdaq 100 noch die größten Wunden der jüngsten Abwärtsbewegung.

Korrekturpotenzial aber keine große Baisse-Gefahr

Mit der Erwartung einer unmittelbaren V-förmigen Erholung ist Tom Lee zwar auf der optimistischeren Seite, jedoch sehen einige weitere Marktbeobachter zumindest die Gefahr des Abrutschens in eine ausgewachsene Baisse als nicht sehr wahrscheinlich an. So skizziert das Wirtschaftsforschungs- und Analyseunternehmen Oxford Economics eine mögliche Fortsetzung bis hinein in den Korrekturbereich, bleibt angesichts der Fundamentaldaten für die Finanzmärkte jedoch optimistisch.

„Aktien flirten mit dem Korrekturterritorium. Wir glauben, dass dieser Drawdown noch etwas weiter gehen kann, da die Anleger mit einer restriktiveren Fed und einer nachlassenden Gewinndynamik zu kämpfen haben“, schrieb David Grosvenor, Direktor für Makrostrategie des Unternehmens, am Montag in einer Notiz. „Wir glauben jedoch nicht, dass dies der Beginn einer neuen Baisse ist, und wir bleiben über unseren taktischen Horizont hinweg leicht übergewichtet in globalen Aktien, wenn auch mit einer relativen Untergewichtung des wachstumsstarken US-Marktes.“

Zwar würden laut historischen Daten Korrekturen im S&P 500 zu durchschnittlichen Rückgängen von gut 15 Prozent führen, wenn sich die Wirtschaft nicht in einer Rezession befindet, jedoch würden diese nur sehr selten zu ausgewachsenen Bärenmärkten führen, so die Aussagen des Analysten. „Angesichts der Tatsache, dass eine Rezession derzeit unwahrscheinlich erscheint und die Prognosen für das globale Wachstum in diesem Jahr über dem Trend bleiben werden, sehen wir diesen niedrigeren Durchschnitt als den nützlicheren Hinweis auf das potenzielle Ausmaß des Rückgangs.“ Zudem betont er die starke Lage der Unternehmen, die größtenteils über genügende Liquiditätspuffer verfügen.

Auch Goldman Sachs nennt 15 Prozent Korrekturpotenzial als mögliche Orientierung

Auch Analysten der Investmentbank Goldman Sachs haben den schwachen Jahresstart in den historischen Kontext genommen, um ein mögliches Ende der Korrektur absehen zu können und sind zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen: Unter der Bedingung, dass sich die Wirtschaft nicht in einer Rezession befindet, haben sich in der Vergangenheit Korrekturen des S&P 500 als gute Kaufgelegenheiten herausgestellt. Der Index ist laut den Analysten in den 21 Nicht-Rezessionskorrekturen seit 1950 typischerweise um durchschnittlich 15 Prozent vom Allzeithoch zum Korrekturtief gefallen. Das würde der derzeitigen Korrektur eine Zielmarke von 4100 Punkten für den Index geben – ein Minus von gut 9 Prozent ausgehend vom Montagsschlusskurs von 4515 Punkten.

onvista-Redaktion

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