Markt-Turbulenzen: Fehlende Liquidität verschärft die Kursbewegungen um ein Vielfaches – darum wird das Kapital zurückgehalten

onvista · Uhr

Die Volatilität im Zuge der Berichtssaison der letzten Wochen lässt den Markt immer noch atemlos zurück. Netflix mit einem Minus von 40 Prozent, Meta mit einem Einbruch um mehr als 20 Prozent, Snap mit herben Verlusten im Fahrwasser des Meta-Schocks und einem anschließenden Pump um 50 Prozent nach Zahlenvorlage – oder auch die Kursexplosion von Amazon nach auf den zweiten Blick gar nicht so beeindruckenden Zahlen. Das sind nur einige Beispiele der extremen Volatilität, die zuletzt an den Märkten zu beobachten war.

Fehlende Liquidität am Markt ist der Knackpunkt

Die unverhältnismäßigen Kursausschläge sind ein deutliches Signal für zu wenig Liquidität am Markt. Die Nachfrage in Form von investitionsbereitem Kapital ist zu gering für das Angebot am Markt. Und das hat seine Gründe – Die Notenbank schrauben ihre Käufe und damit die künstlich erzeugte Liquidität zurück, die die Märkte nach dem Corona-Crash über Wasser gehalten hat. Gelichzeitig blicken die Anleger auf unsichere kommende Monate, im Zuge derer die Zinsen schrittweise erhöht werden sollen. Während gleichzeitig die Inflation weiterhin ihre Spuren durch die Wirtschaft zieht, werden die Bond-Märkte damit zunehmend unattraktiver, da deren Zinsen die Inflation nicht im Mindesten ausgleichen und die Kurse aufgrund der nachlassenden Käuferseite durch die Notenbanken fallen.

Was man im Zuge dessen am Markt beobachten kann ist ein Wechsel innerhalb der Aktienmärkte raus aus Growth-Stocks, die vor allem im Tech-Sektor beheimatet sind und hinein in Value-Titel wie beispielsweise Öl-Aktien, die enorm vom wirtschaftlichen Umfeld der letzten Monate profitiert haben. Jedoch wird die allgemeine Investitionsbereitschaft der Anleger im derzeit sehr unsicheren Marktumfeld geringer – die Folge: Die Liquidität am Markt geht zunehmend zurück und lässt die Volatilität steigen.

„Die Intraday-Liquidität ist so stark versiegt – So etwas habe ich seit März 2020 nicht mehr gesehen“, äußerte sich beispielsweise Patrick Murphy, Partner bei GTS, einem der größten US-Market Maker, also einem der Unternehmen, die im Hintergrund die Trades am Aktienmarkt tatsächlich ausführen, die von Brokern und Banken durch Kunden initiiert werden. „Schwache Liquidität lässt das Potenzial für extreme Marktbewegungen steigen,“ so der Experte gegenüber der Financial Times. Ein nicht namentlich genannter Mitarbeiter eines großen Market Makers beschreibt gegenüber der FT zudem wahre „Luftlöcher“ an den Finanzmärkten, die die Ausführung großer Aktiengeschäfte während der zuletzt gesehenen volatilen Phasen teilweise nicht mehr möglich macht. „Aufgrund der erhöhten Volatilität ist die Preisgestaltung für die Ausführung jeglicher Art von Handel so weit gestiegen, dass es sehr schwierig ist, Verkäufer und Käufer zusammenzubringen, da Käufer Rabatte wünschen, die die Risiken widerspiegeln“, so der Händler.

Im Big-Picture ist die Reaktion des Marktes verständlich

Setzt man die derzeitige Situation in den größeren Zusammenhang, ist der Geldfluss sowohl aus Aktien, als auch aus den Bond-Märkten nachvollziehbar, da beides durch die künstliche Liquidität der Notenbanken aufgebläht wurde, die ja schon seit der Finanzkrise 2008 erzeugt wird und mit Corona extrem verschärft wurde. Nun zwingt die ausufernde Inflation jedoch zum Handeln und die Bereitschaft der Anleger, das Geld so locker von der Hand zu lassen, wie in der Phase der Liquidität des Überflusses, lässt nun massiv nach, da die meisten mit schweren Zeiten rechnen. Die Zinserhöhungen und die Bekämpfung der Inflation wird schmerzhaft und keiner kann vorhersehen wie scherzhaft.

onvista-Redaktion

Titelfoto: SynthEx / Shutterstock.com

(Anzeige)

Das könnte dich auch interessieren

Meistgelesene Artikel